Dafür könnte zum Beispiel ein CE-Koordinator oder CE-Beauftragter sorgen. Dies führt aber häufig dazu, dass alle anderen Personen, die in die Produktentstehungsprozesse involviert sind, die Ansicht vertreten, sie hätten mit der CE-Thematik nichts zu tun. Dies wiederum stellt den CE-Koordinator / CE-Beauftragten vor teilweise unlösbare Aufgaben: Wie soll er es schaffen, für ALLE Gefährdungen an einer Maschine die geeigneten sicherheitstechnischen Lösungen zu entwickeln? Dazu fehlen ihm das Know-how, die Zeit und in der Regel auch der Überblick.
Für dieses Problem gibt es nur eine Lösung: Alle Planer, Konstrukteure und andere Personen, die im Produktdesign Entscheidungen treffen, kommen ihren gesetzlichen Verpflichtungen projektbegleitend nach.
Damit CE-Koordinatoren / CE-Beauftragte nicht ungewollt in eine falsche Rolle geraten, ist dringend zu empfehlen, Aufgaben, Befugnisse und Verantwortlichkeiten in einer Stellenbeschreibung möglichst klar und schriftlich festzuhalten. Unklarheiten gehen hier in der Regel nahezu immer zu Lasten des Unternehmens.
2. Engineering- bzw. Projektmanagementkosten
Aus Kostengründen wird in den Engineeringprozessen häufig auf die Durchführung von Risikobeurteilungen verzichtet. Es werden die „immer schon gewählten Lösungen“ realisiert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Lösungen oft nicht kausal in Zusammenhang mit der Gefährdung stehen und trotz hoher Kosten die Sicherheitsziele nicht erfüllen. Nicht selten werden völlig überzogene oder unpassende sicherheitstechnische Lösungen gewählt, die dann sogar dazu führen, dass die späteren Anwender Schutzeinrichtungen entfernen, weil mit der Maschine ansonsten nicht mehr bestimmungsgemäß gearbeitet werden kann.
Es ist daher besonders wichtig, wie in Bild 1 von ISO 12100 dargestellt, immer zuerst die relevanten Gefährdungen zu identifizieren, dann das damit verbundene Risiko abzuschätzen und erst danach die geeignete Lösung zu ermitteln.
Dabei unterstützen harmonisierte Europäische Normen in besonderer Weise. Es sollte daher sichergestellt werden, dass alle Projektbeteiligten immer Zugriff auf aktuelle Normen besitzen.
3. Kosten für erforderliche Sicherheitsmaßnahmen
Zur Realisierung sicherheitstechnischer Lösungen können Sicherheitsbauteile wie z. B. Not-Halt Einrichtungen, Sicherheitslichtvorhänge usw. erforderlich werden. Allerdings kann auf diese Einrichtungen dann verzichtet werden, wenn es möglich ist, das Risiko durch inhärent sichere Konstruktion hinreichend zu vermindern. EN ISO 12100 informiert in Abschnitt 6.2 über diese Möglichkeiten.
Die Kosten für inhärent sichere Lösungen können verschwindend gering sein, wenn diese während dem Konstruktionsprozess gewählt werden. Nach dem Bau der Maschine sind diese Lösungen oft überhaupt nicht mehr möglich oder nur mit sehr großem Aufwand. Hier besteht besonders hohes Einsparungspotenzial!
Auch bei der Gestaltung der Benutzerhinweise entstehen teilweise unnötig hohe Kosten durch einen nicht optimal organisierten Workflow. Optimalerweise sind die erforderlichen Hinweise auf Restgefährdungen das Ergebnis der Risikobeurteilung. Wenn sich technische Redakteure mangels dieser Informationen nachträglich selbst auf die Suche nach Restgefährdungen begeben müssen, erzeugt dies nicht nur sehr hohe Kosten. Zusätzlich wird das Produkthaftungsrisiko erhöht, da nicht zu erwarten ist, dass alle Restgefährdungen auch tatsächlich gefunden werden.
Kann sich der Einsatz von Softwaresystemen rechnen?
Viele Unternehmen erstellen die Dokumentationen mit Word® oder Excel®. Der entscheidende Vorteil dabei ist, dass sich die Projektbeteiligten nicht mit der Funktionsweise einer neuen Softwareoberfläche auseinandersetzen müssen.
Allerdings müssen entsprechende Vorlagen angefertigt und bei Normen- oder Richtlinienänderungen zeitnah aktualisiert werden. Dies geht oft nur solange gut, solange die Person, die dieses System ausreichend kennt und betreut, noch verfügbar ist. Andernfalls wird oft noch jahrelang mit veralteten Vorlagen gearbeitet, ohne dass die Anwender dies überhaupt merken.
Der gravierendste Nachteil ergibt sich aber daraus, dass sich die Daten, die in Word oder Excel in jahrelanger mühsamer Arbeit zusammengetragen wurden, nicht mit einfachen Mitteln auswerten, überprüfen und aktualisieren lassen. Gerade hier bietet moderne Computertechnologie Mechanismen, um Arbeiten, für die hunderte Menschen manuell mehrere Monate oder Jahre benötigen würden, in wenigen Sekunden durchführen zu lassen. Dadurch können qualitätssichernde Maßnahmen in die Konstruktionsprozesse einfließen, ohne dass die Beteiligten dies überhaupt merken.
So kann beispielsweise durch intelligente Verknüpfung digitalen Wissens aus verschiedenen Datenbanken ermittelt werden, in welcher Weise bestimmte Ereignisse, wie zum Beispiel die Zurückziehung einer angewandten Norm, Auswirkungen auf laufende Projekte haben und für welche Personen im Unternehmen dies relevant ist – eine entscheidende Information, bevor die Konformitätserklärung rechtsverbindlich unterschrieben wird!
Hier setzt zum Beispiel die neue Generation der CE-Praxissoftware Safexpert völlig neue Maßstäbe.
Die Gretchenfrage lautet aber, welche Funktionalitäten tatsächlich benötigt werden. Die Checkliste in Tabelle 1 unterstützt dabei, den Bedarf an ein Softwaresystem zu ermitteln. Es empfiehlt sich, bei der Bewertung mittel- und langfristige Projektzahlen und Projektlaufzeiten im Auge zu haben. Datenmengen, die heute noch leicht zu überblicken sind, können in wenigen Jahren manuell nur mehr schwer überschaubare Dimensionen annehmen!