Stellungnahme von CEN/CENELEC zur Maschinenprodukteverordnung

In einem vergangenen Fachbeitrag haben wir einige Inhalte des Entwurfs der EU-Kommission zu einer neuen Maschinenprodukteverordnung vorgestellt. Bis August bestand für Interessenten und Anwender die Möglichkeit, die Inhalte des Entwurfs zu kommentieren und Verbesserungsvorschläge für die endgültige Fassung einzubringen. In einem weiteren Schritt wird dieser Entwurf erneut überarbeitet, bis er dem Europäischen Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden kann.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Stellungnahme der europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC.

CEN und CENELEC erstellen im Rahmen von Normungsaufträgen der EU-Kommission harmonisierte Normen. Diese sollen für ausgewählte EU-Richtlinien und Verordnungen die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen abbilden¹.

Im Amtsblatt nach Maschinenrichtlinie 2006/42/EG veröffentlichte Normen werden allerdings nicht automatisch auch im zukünftigen Amtsblatt nach der neuen Maschinenprodukteverordnung veröffentlicht. Zuvor müssen CEN und CENELEC prüfen, welche der bereits bestehenden Normen die Bestimmungen der neuen Maschinenprodukteverordnung erfüllen.

In ihrem Positionspapier sehen die europäischen Normungsorganisationen den bisher veröffentlichten Entwurf zur Maschinenprodukteverordnung kritisch. Zusammenfassend seien nahezu alle Vorschläge vonseiten CEN/CENELEC nicht berücksichtigt worden. Einige inhaltliche Kritikpunkte des Positionspapiers finden Sie im Folgenden zusammengefasst:

• Um die knapp 780 harmonisierten Normen der bisherigen Maschinenrichtlinie an die überarbeiteten Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen anzupassen soll die Frist zur Implementierung des Normungsauftrags von 30 auf 36 Monate (3 Jahre) verlängert werden.
• Artikel 17.3 des Entwurfs soll gestrichen werden: dieser Artikel ermächtigt die Kommission zu sogenannten „Implementing Acts“, welche technische Spezifikationen anstatt harmonisierter Normen zur Erfüllung der Anforderungen der Verordnung etablieren sollen. Gründe für diese Forderung sind lt. CEN und CENELEC Folgende: 
  • Das europäische Normungswesen stützt sich auf einen Konsens zwischen den nationalen (DIN, Austrian Standards) sowie internationalen (ISO, IEC) Normungsorganisationen. Ein Parallelprozess zur Erstellung solcher Spezifikationen würde eine Zusammenarbeit aller Experten erschweren und hohen Aufwand erzeugen.
  • Die Anwendung dieser Technischen Spezifikationen könnte nicht mehr auf freiwilliger Basis erfolgen, sondern verpflichtend sein. Dies steht jedoch im Widerspruch zur bisher freiwilligen Anwendbarkeit von Normen, welche ein Grundprinzip des sogenannten New Legislative Framework darstellt.
• Die Konformitätsbewertung für Hochrisikomaschinen in den Artikeln 5.1 und 21.2 des Entwurfs zur Maschinenprodukteverordnung ersetzt die bisherige Vorgehensweise in Anhang IV sowie Artikel 12 der Maschinenrichtlinie. Die Bewertung solcher Hochrisikomaschinen habe sich jedoch in der alten Maschinenrichtlinie bewährt und eine Streichung würde lediglich zu Verwirrung führen. Laut CEN/CENELEC sollten die neuen Bestimmungen somit aus dem Entwurf gestrichen werden.
• Durch die Verflechtung mit der neuen Verordnung über künstliche Intelligenz (KI) ergibt sich die Notwendigkeit, dass Spezialisten in diesem Gebiet in die Normungsarbeit einbezogen werden. Deshalb fordern die Normungsorganisationen auch hinsichtlich dieses Punktes mehr Zeit zur Implementierung der Verordnung.
• Die Überarbeitung der bestehenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen wird ebenfalls kritisch betrachtet:
  • Gerade für Technische Komitees, welche mit der Erstellung harmonisierter Normen betraut werden, seien einige der Anforderungen zu präskriptiv. Dies erschwere die Anfertigung darauf aufbauender technologisch neutraler Normen.
  • Einige der vorgeschlagenen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen werden bereits durch bestehende Anforderungen abgedeckt und würden teilweise in Anhang III des Entwurfs der neuen Verordnung wiederholt. Dies erschwere eine Ausarbeitung der Anhänge ZA/ZZ, welche eine solche Auflistung der Übereinstimmung beinhalten. Die Forderung ist daher, die Anforderungen möglichst nicht in einer wiederholenden Weise darzustellen

Fazit

• Unterschiedliche Interessensgruppen – wie hier CEN und CENELEC – äußern Kritik am Entwurf der neuen Maschinenprodukteverordnung.
• Insbesondere die in Artikel 17, Abs. 3 der neuen Maschinenprodukteverordnung vorgeschlagene Regelung zur Befugnis der Kommission zur Erstellung von technischen Spezifikationen als Ausweichinstrument zu harmonisierten Normen wird noch für viel Gesprächsbedarf sorgen.

Tipp

• Wir beobachten die Änderungen und Diskussionen rund um die neue Maschinenrichtlinie. Durch unseren Newsletter, den CE-InfoService, informieren wir Sie, wenn uns interessante Neuerungen zur neuen Maschinenprodukteverordnung erreichen.

Fußnote:
¹Genauere Informationen zum Thema Konformitätsvermutung und Normenaktualität finden Sie in unserem Fachbeitrag.