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In einer zunehmend regulierten Welt sind Unternehmen nicht nur darauf angewiesen, qualitativ hochwertige Produkte zu entwickeln, sondern müssen auch sicherstellen, dass diese Produkte die relevanten gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Die CE-Kennzeichnung spielt in der Europäischen Union eine zentrale Rolle, um die Einhaltung von Sicherheits- und Gesundheitsstandards zu gewährleisten. Der Qualitätsmanager, traditionell verantwortlich für die Sicherstellung der Produkt- und Prozessqualität, übernimmt in vielen Unternehmen zunehmend auch die Funktion eines Product-Compliance-Zuständigen, in der Industrie häufig auch mit Fokus auf den europäischen Markt als „CE-Koordinator“ betitelt.
Abbildung 1: Zusammenhänge zwischen CE und QM-Systemen1
Qualitätsmanagement und CE-Kennzeichnung
Qualitätsmanagementsysteme, insbesondere solche, die auf der ISO 9001 basieren, zielen darauf ab, die Gesamtleistung eines Unternehmens durch kontinuierliche Prozessverbesserung zu steigern. Diese Systeme sind in der Lage, eine konsistente Erfüllung von Kundenanforderungen sicherzustellen und gleichzeitig die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu überwachen. Im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung ist der Einsatz eines QMS besonders wertvoll, da es eine strukturierte Herangehensweise an die Konformitätsbewertung und Risikobeurteilung bietet. Der Qualitätsmanager steht somit vor der Aufgabe, die Prinzipien des Qualitätsmanagements auf die spezifischen Anforderungen der CE-Kennzeichnung zu übertragen und dabei eine Brücke zwischen Produktqualität und Produktsicherheit zu schlagen.
Apropos Managementsysteme und Normen: ISO 37301 bietet einen Rahmen für das Compliance-Management, das über die reine Produktkonformität hinausgeht, wie zum Beispiel auch Geschenkannahme, Bestechung, etcetera. In vielen Organisationen werden Compliance-Management und Qualitätsmanagement getrennt betrachtet, obwohl beide Systeme erhebliche Überschneidungen aufweisen, was auch ein Vergleich von ISO 37301 und ISO 9001 zeigt. Da es in diesem Fachbeitrag um die Produkt-Compliance geht, erwähnen wir ISO 37301 nur am Rande. Ein integrierter Ansatz, bei dem der Qualitätsmanager auch als Compliance-Manager agiert, kann Synergien nutzen, indem er sicherstellt, dass alle Anforderungen – von der Produktsicherheit bis hin zur Einhaltung von Umweltstandards – systematisch erfüllt werden.
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Der prozessorientierte Ansatz, wie er in der ISO 9001 beschrieben ist, legt den Fokus auf das Verständnis und die Kontrolle von Prozessen, um die Effizienz und Effektivität einer Organisation zu steigern. Dieser Ansatz erfordert die Identifikation und das Management von Prozessen, die direkt oder indirekt die Fähigkeit des Unternehmens beeinflussen, konforme Produkte zu liefern. Wobei konform im Kontext von ISO 9001 sowohl als konform mit den Leistungs- und Qualitätserwartungen der Kunden also auch konform mit regulatorischen Anforderungen, etwa der neuen EU-Maschinenverordnung, zu verstehen ist. Im Kontext der CE-Kennzeichnung bedeutet dies, dass alle relevanten Prozesse – von der Produktentwicklung über die Produktion bis hin zur Markteinführung – in Bezug auf ihre Konformität mit den CE-Anforderungen systematisch überprüft und optimiert werden müssen.
Die EN ISO 12100 ist der internationale Standard für die Risikobeurteilung von Maschinen und legt einen systematischen Prozess zur Identifikation von Gefährdungen, zur Bewertung der Risiken und zur Festlegung von Maßnahmen zur Risikominderung fest. Für Qualitätsmanager, die auch als CE-Koordinatoren fungieren, ist es entscheidend, diesen Prozess nicht nur zu verstehen, sondern auch in den Gesamtprozess der Produktentwicklung zu integrieren. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren und der technischen Abteilung, um sicherzustellen, dass alle Aspekte der Maschinensicherheit von Anfang an berücksichtigt werden.
Der CE-Koordinator sollte daher frühzeitig in den Produktentwicklungsprozess eingebunden werden, um sicherzustellen, dass alle relevanten Sicherheitsanforderungen bereits in der Designphase berücksichtigt werden. Dies umfasst die Festlegung der Einsatzgrenzen der Maschine, die Identifikation möglicher Gefährdungen sowie die Entwicklung sicherheitsrelevanter Funktionen. Durch die enge Verzahnung von Qualitätsmanagement und CE-Koordination können Fehler in der frühen Entwicklungsphase vermieden werden, die später zu kostspieligen Nachbesserungen führen würden.
Abbildung 2: Unternehmensleistung in Bezug auf CE1
Lean Management als Werkzeug zur Effizienzsteigerung in CE-Prozessen
Das Ziel der Vermeidung von Verschwendung (japanisch: Muda) und die Maximierung der Wertschöpfung bedeutet in der Praxis, dass alle Prozesse, die keinen direkten Mehrwert für das Endprodukt bieten, kritisch hinterfragt und gegebenenfalls eliminiert werden. Im CE-Kontext können dies überflüssige Prüfungen, doppelte Dokumentationen oder unnötige administrative Aufgaben sein. Durch die Anwendung von Lean-Prinzipien auf CE-Prozesse kann der Qualitätsmanager sicherstellen, dass diese schlank und effizient bleiben, während gleichzeitig alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Ein häufiges Beispiel für Muda ist in der Praxis unauffindbares Wissen hinsichtlich sicherheitstechnischer Lösungen aus alten Projekten. Nicht jedes Projekt ist komplett neu, in nahezu jedem Projekt gibt es manche Aspekte, bei denen auf bewährte Lösungen zurückgegriffen werden kann. Ist dieses Wissen jedoch nicht auffindbar, entstehen vermeidbare Mehrkosten und Ineffizienzen.
Um neben Muda noch einen zweiten japanischen Begriff aufzugreifen sei „Saiton“ erwähnt. Der aus der Produktionsoptimierung bekannte Begriff (aus dem 5S-Schema) schlägt vor, dass alle erforderlichen Werkzeuge stets griffbereit sind. In der sicherheitstechnischen Konstruktion dienen als Werkzeuge häufig harmonisierte Normen. Die Prozesseffektivität kann an dieser Stelle beispielsweise gesteigert werden, wenn den Konstrukteuren der Zugriff auf die aktuellen und einschlägigen Normen auf einfache Art gewährt wird. Häufig sehen sich die Personen in der technischen Umsetzung jedoch damit konfrontiert, dass einerseits nur sehr begrenztes Wissen bezüglich der Arbeit mit Normen vorhanden ist und andererseits keine Tools und Prozesse vorhanden sind, wie zielgerichtet die richtige Norm herangezogen wird. Aufgrund der Umständlichkeit des Prozesses werden dann vermehrte Schleifen mit internen oder externen Experten erforderlich, was wiederum als Verschwendung von wertvollen Ressourcen (Muda) im CE-Kontext bezeichnet werden kann
Abbildung 3: Stakeholdermanagement1
Stakeholdermanagement und Compliance im CE-Prozess
Gemäß ISO 9001 und ISO 37301 müssen die Erfordernisse und Erwartungen der interessierten Parteien, wie Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und staatliche Behörden, systematisch identifiziert und in die Prozesse integriert werden. Für den CE-Koordinator bedeutet dies, dass er sicherstellen muss, dass alle Stakeholder – von den internen Abteilungen bis hin zu externen Partnern – in den Prozess der CE-Kennzeichnung einbezogen werden. Dies umfasst die klare Kommunikation von Anforderungen, die Überwachung der Einhaltung von Vorgaben und die regelmäßige Überprüfung der Prozesse, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ihre Rolle im CE-Prozess verstehen und erfüllen. Insbesondere beginnt dies mit der ersten Kontaktaufnahme eines Kunden mit dem technischen Vertrieb. Aufgrund mangelnder Prozesse lassen sich Vertriebsingenieure mitunter zu Angeboten hinreißen, welche die Product-Compliance-Kosten nicht hinreichend berücksichtigen oder diese pauschal überbewerten. Im ersten Fall ist die Konsequenz gegebenenfalls eine niedrigere oder im schlimmsten Fall gar negative Marge und im anderen Fall, dass der Auftrag nicht erteilt wird. Dabei ist die realistische Betrachtung der Compliance-Kosten meist gar kein Knowhow-Problem des Unternehmens, sondern begründet sich in nicht vorhandenen oder nicht gelebten Prozessen, die die technisch zuständige Abteilung auch für Compliance-Kosten in der Angebotsphase einbindet.
Die erfolgreiche Umsetzung von CE-Prozessen hängt maßgeblich vom Engagement der Unternehmensleitung ab. Ohne eine klare Unterstützung durch das Management kann der CE-Koordinator seine Aufgaben nur unzureichend erfüllen. Good Governance, wie sie in der ISO 37301 beschrieben wird, erfordert, dass die Compliance-Funktion innerhalb der Organisation unabhängig agieren kann und direkten Zugang zur obersten Führungsebene hat. Dies stellt sicher, dass alle notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden und der CE-Koordinator die Autorität besitzt, um seine Aufgaben effektiv auszuführen. In der Praxis zeigen sich organisatorische Ausprägungen, welche durchaus im Einklang mit den Empfehlungen von ISO 37301 (und im Übrigen auch von ISO 9001) konform sind, in denen also CE-Koordinatoren die Rückendeckung der entsprechenden Führungskräfte haben und somit für eine durchgängige und effektive Prozesslandschaft sorgen können.
Leider gibt es aber noch immer Unternehmen, in denen Product-Compliance-Zuständige als reine Kostenfaktoren betrachtet werden. Dies ist insofern bedauerlich, als dass Praxisberichte belegen, dass sich mit Sicherheitstechnik mitunter beträchtliche Umsätze erzielen lassen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich Kunden mehr wünschen, als gesetzlich gefordert ist. Durch die genaue Kenntnis der gesetzlichen Anforderungen und damit einhergehend der fakturierbaren Zusatzleistungen berichten Unternehmen aus dem Anlagenbau von signifikanten Umsatzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich pro verkaufter Einheit.
Ausbildung zum CE‑Koordinator bzw. CE‑Beauftragten
Die Praxis hat gezeigt, dass die Anforderungen zur CE-Kennzeichnung in vielen Unternehmen nur dann befolgt werden, wenn sich eine Person um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen kümmert. In nur 2 Tagen (Niederspannungsrichtlinie) bzw. 3 Tagen (Maschinenrichtlinie/-verordnung) erhalten Sie die Ausbildung zum CE-Koordinator bzw. CE-Beauftragten mit Teilnahmezertifikat.
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Moderne Softwarelösungen wie Safexpert bieten CE-Koordinatoren eine Vielzahl von Funktionen, die den CE-Prozess optimieren. Safexpert ermöglicht eine effiziente Verwaltung von Normen, die Durchführung von Risikobeurteilungen sowie die Dokumentation aller notwendigen Schritte zur CE-Kennzeichnung.
Durch die Verwendung von Vorlagen und automatisierten Prüfprozessen können Zeit und Ressourcen gespart werden, während gleichzeitig die Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen unterstützt wird. Safexpert bietet zudem Schnittstellen zu weiteren Tools, wie etwa Sistema, das die Bewertung von Performance Levels (PL) ermöglicht.
Ein wesentlicher Vorteil der Nutzung von Softwarelösungen wie Safexpert liegt in der Möglichkeit, Routinearbeiten zu automatisieren und Prozesse zu standardisieren. Dies betrifft insbesondere die Verwaltung und Aktualisierung von Normen, die Durchführung von Prüfungen sowie die Erstellung der technischen Dokumentation. Standardisierte Prüflisten und Vorlagen gewährleisten, dass alle notwendigen Schritte korrekt und effizient durchgeführt werden, während automatisierte Aktualitätschecks sicherstellen, dass die verwendeten Normen stets griffbereit sind und dem neuesten Stand entsprechen.
Die Digitalisierung von Risikobeurteilungen und technischen Dokumentationen bringt erhebliche Vorteile in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit und Zugänglichkeit von Informationen. CE-Koordinatoren können durch die Nutzung digitaler Systeme wie Safexpert sicherstellen, dass alle relevanten Daten zentral gespeichert und bei Bedarf leicht zugänglich sind. Dies erleichtert nicht nur die interne Kommunikation, sondern stellt auch sicher, dass bei einer Überprüfung durch externe Stellen alle notwendigen Nachweise schnell und vollständig vorgelegt werden können.
Fazit
Die Integration von Qualitätsmanagement und CE-Kennzeichnung bietet Unternehmen die Möglichkeit, nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen effizient zu gewährleisten, sondern auch die Gesamtqualität und Sicherheit ihrer Produkte zu erhöhen. Qualitätsmanager, die diese Synergien erkennen und nutzen, tragen wesentlich zur nachhaltigen Verbesserung der Unternehmensleistung bei. Durch den Einsatz bewährter Methoden aus dem Qualitätsmanagement und der Anwendung moderner Softwarelösungen wie Safexpert können CE-Prozesse optimiert und gleichzeitig die Rechtssicherheit und Effizienz gesteigert werden.
Fußnote:1 Quelle: IBF-Praxisseminar "Der CE Koordinator / CE Beauftragte in der Praxis"
Verfasst am: 23.05.2025 (Letzte Aktualisierung)
Johannes Windeler-Frick, MSc ETH Geschäftsführer der IBF Solutions. Fachreferent CE-Kennzeichnung und Safexpert. Vorträge, Podcasts und Publikationen zu unterschiedlichen CE-Themen, insbesondere CE-Organisation und effizientes CE-Management. Leitung der Weiterentwicklung des Softwaresystems Safexpert. Studium der Elektrotechnik an der ETH Zürich (MSc) im Schwerpunkt Energietechnik sowie Vertiefung im Bereich von Werkzeugmaschinen.
E-Mail: johannes.windeler-frick@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
Daniel Magnus, BSc Marketingleiter bei IBF. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der SoWi Innsbruck. Über 10 Jahre Erfahrung im B2B Bereich, mit dem Schwerpunkt Maschinen-/ und Fahrzeugbau, Elektronikentwicklung/ -Produktion und Softwareentwicklung.
E-Mail: daniel.magnus@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
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