Immer mehr Maschinen, Anlagen oder elektrische Geräte nutzen selbstlernende Algorithmen, um den Kunden- bzw. Anwendernutzen zu erhöhen. In Bezug auf die Produktsicherheit stellt dies ein Novum dar. Das Verhalten von Produkten weist nun nicht mehr zwangsläufig einen bestimmten Funktionsumfang zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens auf. Dieser kann sich aufgrund der selbstlernenden Softwarekomponenten entsprechend verändern oder erweitern.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag für ein europäisch gesteuertes Konzept zu künstlicher Intelligenz (KI) vorgelegt. Dieser Gesetzesrahmen fördert die Nutzung von KI und versucht gleichzeitig die Risiken zu berücksichtigen, welche im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz entstehen können. Am Ende dieser Initiative soll eine Verordnung mit harmonisierten Vorschriften stehen, welche die Entwicklung, das Inverkehrbringen sowie die Anwendung solcher KI-Systeme in der EU regelt.
„Bei künstlicher Intelligenz ist Vertrauen ein Muss und kein Beiwerk. Mit diesen wegweisenden Vorschriften steht die EU an vorderster Front bei der Entwicklung neuer weltweiter Normen, die sicherstellen sollen, dass KI vertrauenswürdig ist.“ Mit diesen Worten fasst Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager das Vorhaben zusammen.
Gerade in den letzten Jahren haben KI-Systeme eine rasante technische Entwicklung erfahren. Hier sieht die EU-Kommission Handlungsbedarf zu einer abgestimmten, europäischen Regulierung, um den Herausforderungen von KI-Systemen entgegenzutreten. Das Ziel ist ein gemeinsamer europäischer Rechtsrahmen, welcher sowohl positive Aspekte als auch Risiken solcher Systeme berücksichtigt. Dadurch wird versucht sowohl Grundrechte als auch Anwender zu schützen und eine legale Basis in die sich rasch weiterentwickelnde KI zu schaffen.
Mit der neuen Verordnung verfolgt der Gesetzgeber einen risikobasierten Ansatz. Dieser besagt, dass „Art und Inhalt solcher Vorschriften auf die Intensität und den Umfang der Risiken zugeschnitten werden, die von KI-Systemen ausgehen können“. Dies bedeutet, dass lebensbedrohliche KI-Systeme verboten, Systeme mit hohem Risiko unter strengen Auflagen zugelassen werden. Der Entwurf der Kommission sieht eine Einstufung solcher Risiken in 4 Stufen vor. Diese decken anhand von Anwendungsfällen die Schwere der potentiell auftretenden Risiken
KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko werden demnach verboten, da sie eine Sicherheitsbedrohung für Anwender darstellen. Besteht für ein System ein hohes Risiko, so müssen strenge Auflagen erfüllt werden bevor es auf dem Markt zugelassen wird. Für ein geringes Risiko weist die Verordnung lediglich auf mögliche Gefahren hin, bei einem minimalen Risiko soll in die freie Anwendung solcher Systeme möglichst kein Eingriff erfolgen.
Die Entwürfe sehen vor, dass sich die Verordnung für KI-Systeme und die Maschinenverordnung gegenseitig ergänzen. Die KI-Verordnung deckt vorrangig von KI-Systemen ausgehende Sicherheitsrisiken ab, welche Sicherheitsfunktionen einer Maschine steuern. Als Ergänzung dazu soll die Maschinenverordnung die Integration des KI-Systems in die Gesamtmaschine sicherstellen, um so die Maschinensicherheit als Ganzes nicht zu gefährden.
Zudem betont die Kommission, dass Hersteller für beide Verordnungen nur eine Konformitätsbewertung durchführen müssen.
Der Entwurf sieht für die harmonisierte Normen eine Schlüsselrolle in der Einhaltung der Bestimmungen der KI-Verordnung vor. Dies soll unter anderem mit dem Bereitstellen technischer Lösungen für Anwender gewährleistet werden.
Einen Ansatz, die Grenzen maschinellen Lernens in eine Maschine zu integrieren, verfolgt der vor kurzem erschienene ISO/TR 22100-5:2021-01 „Safety of machinery - Relationship with ISO 12100 - Part 5: Implications of artificial intelligence machine learning“.
Weitere solcher Ansätze werden für die KI-Verordnung noch folgen, wenn die europäischen Normungsinstitute mit der Erstellung solcher speziellen KI-Normen betraut werden.
Bis August 2021 können Interessierte die ausgearbeiteten Entwürfe zur Verordnung für KI-Systeme und die Maschinenverordnung kommentieren. Anschließend müssen das EU-Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten die endgültigen Fassungen annehmen. Sobald dies geschehen ist, gelten die neuen Verordnungen unmittelbar in der gesamten Union. Dieser Gesetzgebungsprozess nimmt jedoch in der Regel ca. zwei Jahre in Anspruch.
Verfasst am: 13.07.2021
Daniel Zacek-Gebele, MSc Seit 2020 Community Manager bei IBF für die Standards Experts Community (SECOM), Mitarbeiter im Projekt "Digitale Normung" sowie Produktmanager für Datenprodukte am Safexpert Live Server; Studium der Wirtschaftswissenschaften in Passau und Stuttgart (Hohenheim) mit Schwerpunkt Internationales Management.
E-Mail: daniel.zacek-gebele@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
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